Hoffen und vertrauen wir darauf, dass die kommende Saison uns wieder normalere Umstände als das vergangene Jahr bringen wird! Der Jaguar und ich würden uns jedenfalls sehr darüber freuen, Sie bei Ihrer Feier, die dann hoffentlich stattfinden kann, chauffieren zu dürfen.
Arbeiten im Winter
Wie fast alle Oldtimerbesitzer nutze ich die Winterzeit dazu, das Auto für die kommende Saison fit zu machen. Alle mechanischen und elektrischen Komponenten haben mein „Schrauberfreund“ und ich schon im November/Dezember, also direkt nach dem Kauf des Autos, sorgfältig überprüft und in der Folge eine Reihe von Reparaturarbeiten und Verbesserungen vorgenommen, sodass der Wagen technisch gesehen absolut top da steht.
Aber so ganz zufrieden ist man ja nie… Die Polsterung der Sitzflächen und das im Innenraum üppig verarbeitete Holz sind eindeutig „in die Jahre gekommen“, wie man auf diesen Fotos hier sehen kann, wenn man ganz genau hinschaut:
Ein Auftrag für den Sattler
Daher entschloss ich mich, die Sitzflächen aufpolstern zu lassen, wobei ich allerdings größten Wert darauf legte, das originale Leder zu erhalten, denn die englische Traditionsfirma Connolly, die früher Edelmarken wie Rolls-Royce, Aston Martin und natürlich auch Jaguar mit Ledersitzen von unnachahmlicher Qualität ausstattete, ist im Jahr 2002 in Konkurs gegangen, sodass es solch ein Leder auf dem Markt einfach nicht mehr gibt.
Abgesehen davon vertrete ich generell die These, dass man einem fast 60 Jahre alten Auto ansehen darf — oder besser, ansehen sollte — dass es ein Oldtimer und kein Neufahrzeug ist. Die Patina, die das originale Leder ausstrahlt, würde durch das Beziehen mit neuem Leder komplett zerstört worden. Und genau das wollte ich vermeiden.
Der Erhalt des Leders ist natürlich viel aufwendiger, als alles komplett mit neuem Leder zu beziehen. Aber ich hatte Glück und konnte den Sattler meines Vertrauens schließlich dazu überreden, die Arbeiten nach meinen Wünschen auszuführen, d.h. das Leder vorsichtig abzuziehen, das abgenutzte Latexpolster zu entsorgen und auf dem freigelegten Federkern, der sich noch in einem hervorragenden Zustand befindet, eine neue Polsterung anzupassen, bevor dann das originale Leder schließlich wieder aufgezogen wird.
Dadurch spart man zwar den Preis für einige Quadratmeter feinstes Leder, aber durch die filigranen Arbeiten beim Abziehen des Leders und die Anpassung des Polsters an die abgenähten Wülste im vorhandenen Bezug fallen so viele Arbeitsstunden an, dass es keine Ersparnis gibt, sondern die ganze Aktion am Ende sogar teurer wird als der Neubezug. Aber das ist mir die Sache wert!
Ein Auftrag für den Tischler
…und wenn man schon einmal dabei ist, den Innenraum zu verschönern, da bot es sich geradezu an, das dort reichlich verbaute Holz, bei dem der Klarlack an einigen Stellen nicht mehr so makellos war, wie man es von solch einem Fahrzeug erwarten darf, ebenfalls einer Verjüngungskur zu unterziehen.
Für die Aufbereitung der Hölzer holte ich bei einigen Fachbetrieben, die auf diese Art von Arbeiten spezialisiert sind, entsprechende Angebote ein. Die allerdings lagen allesamt in astronomischen Höhen. Natürlich fließt eine Menge Geld in solch ein Hobby, aber es muss doch alles im Rahmen bleiben! Daraufhin habe ich unseren Tischler hier vor Ort in Verl, der auch sonst bei uns alle Tischlerarbeiten erledigt, gefragt, ob er sich vorstellen könne, die Hölzer des Autos zu einem angemessenen Preis zu restaurieren. Ich war sehr erleichtert, als er sofort zusagte!
Die Hölzer der Fensterumrandungen und Türverkleidungen waren ruckzuck demontiert und zur Tischlerei gebracht. Und was soll ich sagen, die ersten Ergebnisse, die ich schon in Augenschein nehmen konnte, sind absolut perfekt, wie das Foto hier zeigt:
Der Tischler musste jedes einzelne der vielen Hölzer abschleifen. Das konnte nur von Hand gemacht werden, da eine Schleifmaschine nicht fein genug arbeitet und das Holz beschädigen würde. Anschließend wurden die Hölzer neu gebeizt und dann mit mindestens sieben Klarlackschichten überzogen, wobei nach dem Auftragen jeder einzelnen Lackschicht wieder mit ganz feiner Körnung geschmirgelt werden musste, um auch kleinste Unebenheiten zu beseitigen.
Die Sache mit dem Armaturenbrett
…und wenn man schon einmal dabei ist, die Hölzer der Fensterumrandungen und Türverkleidungen zu restaurieren… — Sie ahnen schon, wie es weitergeht, nicht wahr? — Ganz richtig… dann könnte man das Armaturenbrett ja auch gleich mitmachen, damit am Ende das gesamte Holz des Innenraums wieder im ursprünglichen Glanz erstrahlt.
Das allerdings ist nicht so einfach, denn im Gegensatz zu den Fenster- und Türhölzern, die einfach abzuschrauben sind, ist das Armaturenbrett eine sehr komplexe Angelegenheit. Ich hätte mich da nie rangetraut, aber mein „Schrauberfreund“ ist ein genialer Bastler, der die Demontage des gesamten Armaturenbretts mit seinen vielen Einzelteilen in rekordverdächtigen sechs Stunden gemeistert hat. Da kann man nur sagen: „Chapeau!“ Dem werden Sie sicher zustimmen, wenn Sie sich dieses „Nachher-Foto“ anschauen:
Natürlich wurden die vielen Kabel entsprechend ihrer Funktion beschriftet und der gesamte Ausbau Schritt für Schritt in unzähligen Fotos dokumentiert, damit nach der Restaurierung des Holzes beim Zusammenbau des Armaturenbretts und der Mittelkonsole auch alles wieder seinen richtigen Platz findet und funktioniert.
Die hölzernen Teile des Armaturenbretts, die Sie auf dem folgenden Foto sehen können, wurden dann kurz vor Weihnachten auch zum Tischler gebracht…
…und der nutzte die stille Zeit „zwischen den Jahren“ dazu, die Arbeiten am Jaguar-Holz fertigzustellen. Das Ergebnis hat mich begeistert und kann sich wirklich sehen lassen, wie die folgenden beiden Fotos zeigen:
Inzwischen ist der obere Teil des Armaturenbretts auch schon wieder zusammengebaut. Ich bin begeistert, denn es sieht wieder so aus, wie es sich für einen klassischen Jaguar gehört:
Dazu noch eine Anmerkung: Die Ganghebelmanschette des S-Type ist baugleich mit dem entsprechenden Teil beim Mk II, was ein großer Vorteil ist, da für den Mk II fast alle Ersatzteile erhältlich sind, während man S-Type-spezifische Teile zumeist sehr lange suchen muss oder gar nicht mehr bekommt. Dann ist der einzige Ausweg, sie einzeln anfertigen zu lassen, was oft schwierig ist und immer sehr ins Geld geht.
Jetzt muss „nur noch“ der untere Teil des Armaturenbretts wieder zusammengebaut werden. Das kann allerdings erst geschehen, nachdem der Ganghebel wieder korrekt in dem dafür vorgesehenen Ledersack eingespannt ist, und genau da liegt das Problem, denn der Chromring, der den Ledersack herunterdrückt und fixiert, fehlte bei meinem Wagen, aus welchem Grund auch immer…
Da dieses kleine Bauteil aber nicht mehr lieferbar ist, weder bei Jaguar selbst noch bei den einschlägigen Adressen für Oldtimer-Ersatzteile der britischen Traditionsmarke, besteht nur noch die Möglichkeit, dieses Teil einzeln anfertigen zu lassen. Dafür braucht man einen Könner mit einer Drehbank, der enthusiastisch genug ist, sich der Mühe einer solchen Einzelanfertigung zu unterziehen …und den haben wir aber jetzt gefunden!
Die Sitze sind ebenfalls „in Arbeit“, doch dazu gibt es eine ganz andere, nicht weniger interessante Geschichte, nämlich…
Die Sache mit den Kopfstützen!
Alles fing mit meiner Frau an, die partout der Meinung war und noch immer ist, dass man sich in ein Auto ohne Sicherheitsgurte und Kopfstützen gar nicht erst hineinsetzen sollte. Das sehe ich als Oldtimerliebhaber natürlich anders, denn ich bin jahrelang jeden Tag 70 Kilometer mit meiner Ente zur Arbeit gependelt und dieses wunderschön restaurierte Auto, ein Citroën 2CV AZAM von 1964, hatte weder Gurte noch Kopfstützen, sondern eine durchgehende Sitzbank, die eher an Gartenmöbel aus den 50er Jahren als an das Gestühl eines Automobils erinnerte.
Und dennoch, es macht sicherlich einen Unterschied, ob man in einer Ente mit 14½ PS und einer theoretisch möglichen, aber nur sehr selten wirklich gefahrenen Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h oder in einem Jaguar mit 220 PS und einer echten Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h unterwegs ist. Daher konnte ich die Argumentation meiner besseren Hälfte durchaus verstehen, zumal wir mit dem Auto in „hochzeitsfreien“ Zeiten durchaus auch weitere Strecken unter die Räder nehmen wollen.
Mit schwebt da zum Beispiel vor, meinem Auto seinen „Geburtsort“, die mittelenglische Stadt Coventry, zu zeigen. In diesem Zentrum der ehemals blühenden britischen Autoindustrie kann man nicht nur die Jaguarwerke besichtigen, sondern sich auch das einzigartige Coventry Transport Museum und ein paar Kilometer weiter südlich in Gaydon das British Motor Museum mit einer tollen Jaguar-Sammlung anschauen.
Doch bis es soweit ist, muss nicht nur Corona in seine Schranken verwiesen, sondern auch mein Jaguar fertig restauriert sein. Also zurück zur „Aktion Kopfstützen“! Der S-Type verfügte werkseitig niemals über dieses sicherheitsrelevante Accessoire, obwohl bei meinem Exemplar schon damals bei seiner Auslieferung in Schweden Sicherheitsgurte als Sonderausstattung eingebaut waren. Diese Originalgurte, die heute immer noch montiert sind, zeichnen sich nicht nur durch ihre rote Farbe aus, sondern auch durch eine deutlich grobere Textilstruktur als bei modernen Sicherheitsgurten.
Weil es sich um statische Gurte handelt, die sich nicht, wie heute üblich, automatisch aufrollen, sondern auf jeden Passagier immer wieder einzeln per Hand eingestellt werden müssen, war ich aus rein praktischen Erwägungen drauf und dran, sie durch moderne Gurte zu ersetzen, die wesentlich einfacher und bequemer in der Handhabung sind. Aber ein Freund von uns, der sich den Wagen anschaute, war so sehr von den Originalgurten aus den 60er-Jahren angetan, dass er meinte, es sei eine Schande, sie zu ersetzen. Nach einigem Nachdenken musste ich ihm einfach beipflichten, und somit bleibt bei den Originalgurten.
Aber gerade wenn man Sicherheitsgurte angelegt hat und es zu einem Unfall kommen sollte, sind Kopfstützen eigentlich unverzichtbar, um einem Schleudertrauma oder gar einem Genickbruch vorzubeugen. Da hat meine Frau durchaus recht! Also mussten Kopfstützen her! Aber wie?
Mein „Schrauberfreund“ hatte schließlich die rettende Idee. Er fand im Internet eine gebrauchte Sitzgarnitur aus einem Jaguar XJ, dem Nachfolgemodell meines Autos, die über Kopfstützen verfügte. Wir hätten die Sitzgarnitur, die komplett angeboten wurde, eigentlich in Kiel abholen müssen, denn wegen der Ausmaße war ein Postversand nicht möglich. Doch wir brauchten ja gar nicht die gesamte Garnitur, noch nicht einmal die ganzen Sitzlehnen, sondern lediglich die Kopfstützen und die dazugehörigen Aufnahmen in den Lehnen. Nach einiger Verhandlung war der Verkäufer dann einverstanden und hat die Rahmenstücke mit den Kofstützenaufnahmen aus den Lehnen herausgeflext und uns per Post zugeschickt, was wir sehr entgegenkommend und toll von ihm fanden.
— Fortsetzung folgt! —
Übrigens…
…falls andere „Liebhaber alten Blechs“ dies lesen sollten und den Sattler oder den Tischler für Arbeiten an ihrem eigenen Oldtimer kontaktieren wollen, so nenne ich hier gerne die Kontaktdaten dieser wirklich exzellenten Handwerker:
Sattlerei GM Kapten
Wagenfeldstraße 16
33332 Gütersloh
05241-9050040
Tischlerei Rolf Hollenhorst
Am Ölbach 137
33415 Verl
05246-2686
(GM Kapten hieß übrigens früher Autostop Leder Design und war auf der Chromstraße in Verl angesiedelt. Anlässlich des Umzugs nach Gütersloh wurde der Firmenname geändert, aber der Chef und die Fachkräfte sind dieselben geblieben!)
Oldtimer-Philosophie: Patina oder besser als neu?
Unter Oldtimer-Liebhabern gibt es seit vielen Jahren eine Grundsatzdiskussion über die Art und Weise, wie man mit einem klassischen Fahrzeug umgehen sollte. Das Spektrum der Meinungen ist dabei sehr weit gefächert, wobei sich die folgenden beiden extremen Pole ausmachen lassen: Während die einen am liebsten, sofern es technisch irgendwie vertretbar ist, möglichst wenig und am besten überhaupt nichts an ihren Autos austauschen oder verändern wollen und somit bestrebt sind, den derzeitigen Zustand mit allen Gebrauchs- und Verschleißspuren zu konservieren, streben die anderen eine perfekte Restaurierung an, bei der etliche Teile erneuert werden und an deren Ende sich das Fahrzeug quasi im Neuzustand befindet oder im Idealfall sogar noch besser und perfekter ist, als es vor vielen Jahren vom Band lief.
Beide Positionen kann man in gewisser Weise verstehen. Die „Patina-Fraktion“, wie ich sie hier einmal nennen möchte, sieht in ihrem Oldtimer ein Stück Zeitgeschichte, das so erhalten werden muss, wie es ist. Ich will das an einem Beispiel verdeutlichen. Ein Freund von mir, der von Haus aus Physiker ist, seine Doktorarbeit aber über die Geschichte und Ethik der Mechanisierung geschrieben hat, sagte mir einmal: „Wenn ich einen Trecker vor mir habe, dann will ich sehen, wo der Bauer Meier beim Aufsteigen seine Stiefel abgekratzt hat, welche Hebel er mehr als andere benutzt hat und wo er beim Reparieren mal mit dem Schraubenschlüssel abgerutscht ist. Wenn ich jede Delle ausbeule und alles neu lackiere, gehen diese Spuren eines ganzen Arbeitslebens und damit wichtige kulturhistorische Zeugnisse unwiederbringlich verloren, was ich sehr bedauerlich finde.“
Auch für die „Besser-als neu-Fraktion“ möchte ich hier zur besseren Veranschaulichung ein Beispiel anführen. Ein Bekannter von mir, der einige ausgesucht schöne Oldtimer besitzt, hat bei der Restaurierung eines Porsche 911 das Auto bis auf die letzte Schraube zerlegt und komplett „aufgearbeitet“, was unter anderem bedeutete, dass das Fahrzeug von Automatik auf Schaltgetriebe umgerüstet, ein leistungsstärkerer Motor implantiert und das elektrisch verstellbare Gestühl eines jüngeren Modells eingebaut sowie zu guter Letzt auch noch die ursprünglich weiße Lackierung durch ein komplett neues Farbkleid in Rot ersetzt wurde. Am Ende sah das Auto einfach toll aus …aber war es eigentlich noch derselbe Porsche?!?
Neben den beiden extremen Lagern, die sich oft nahezu unversöhnlich gegenüber stehen, gibt es natürlich auch die „gemäßigten“ Oldtimer-Enthusiasten, zu denen ich mich auch zähle. Unsere Einstellung zum alten Blech lässt sich in etwa so beschreiben: …
— Fortsetzung folgt! —